Was die Corona-Pandemie und die Gegenmaßnahmen der Regierung für die Bevölkerung bedeuten
Corona erreicht Guatemala
Fr., 17 April 2020Wie gerade überall auf der Welt, geht das Corona-Virus auch an Guatemala nicht vorbei und verursacht tiefe Einschnitte in das alltägliche Leben. Offizielle Zahlen registrieren bereits mehr als 200 infizierte Personen und sieben Todesfälle, vorwiegend konzentriert in den zentralen Departments im Umkreis der Hauptstadt. Die Regierung des guatemaltekischen Präsidenten Alejandro Giamattei rief den zeitweiligen Ausnahmezustand für das gesamte Land aus und verordnete zur Eindämmung der Infektionsraten eine Reihe von Maßnahmen. Auch hier wird die Strategie der „sozialen Isolation“ als Mittel der Wahl angesetzt. Eine halbtägige Ausgangssperre erlaubt der Bevölkerung nur zwischen 4 Uhr morgens und 16 Uhr abends das Haus zu verlassen und Besorgungen zu erledigen. Abstandsregeln, strenge Hygienevorschriften und eine allgemeine Mundschutzpflicht in öffentlichen sowie privaten Räumen soll der weiteren Ausbreitung des Virus vorbeugen. Die Schließung der Schulen und nicht lebensnotwendigen Produktionsstätten, ein allgemeines Versammlungsverbot sowie die Einschränkungen des öffentlichen Nahverkehrs sollen den Personenfluss weitestgehend stoppen. Die angeordneten Maßnahmen werden streng reguliert und überwacht durch eine erhöhte Polizei- und Militärpräsenz, die Geldstrafen bei Verstößen gegen die Anordnungen verhängt und für den Schutz der Bevölkerung sorgen soll.
Viele Menschen treffen die Anordnungen hart, da so ihr Arbeitsalltag eingeschränkt und sie direkt vor ein Wegbrechen ihrer Lebensgrundlage gestellt werden. Vor allem Arbeiterinnen und Arbeiter des informellen Sektors sind auf die täglichen Einnahmen, besonders im Straßenverkauf, angewiesen und geraten nun in Existenznöte. Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fürchten zudem um den Verlust ihres Arbeitsplatzes, nachdem ein Gesetz die Aufhebung und Nicht-Verlängerung von Verträgen erleichtert. Bereits jetzt machen sich jedoch steigende Preise für Grundnahrungsmittel bemerkbar und die Schließung der lokalen Marktplätze nach 12 Uhr schränkt die Lebensmittelversorgung stark ein. Alledem unterliegt die Sorge um fehlende medizinische Ausstattung und die Gewährleistung der Versorgung im Falle einer Erkrankung. Weit verbreitete Vorerkrankungen, wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Störungen, sowie weitere gesundheitsschädliche Faktoren wie Übergewicht setzten zusätzlich einen Teil der Bevölkerung einem erhöhten Risiko aus. Gleichzeitig verfügen nicht alle Regionen des Landes über ausreichenden Zugang zu ärztlicher Versorgung im Falle einer Infektion.
Für die am schwersten von der Krise betroffenen Personenkreise kündigte die Regierung an, Hilfsprogramme in Form von finanzieller Unterstützung und Lebensmittelausgaben auf den Weg zu bringen. Doch diese Hilfen werden höchstens einen kleinen Teil der individuellen Notlagen abfangen und sind bei weitem nicht umfassend genug. Zudem besteht die Befürchtung, dass die Ausnahmesituation von der Regierung genutzt werden könnte, mit der starken Militärpräsenz auch die Repressionen gegen Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger zu erhöhen. Die Verhängung von Ausnahmezuständen war dabei in den letzten Jahren unter Jimmy Morales bereits ein probates Mittel, Grundrechte in den betroffenen Regionen außer Kraft zu setzen. Besorgniserregend ist außerdem der Anstieg der Gewalt gegen Frauen, der sich aus einer erhöhten Anzahl von offiziellen Anzeigen mit einer hohen Dunkelziffer ableiten lässt. Im ganzen Land herrschen große Verunsicherung und Sorge, wie sich die Situation weiter entwickeln wird, auch da der Informationsfluss zur aktuellen Infektionslage sehr zentralistisch ist. In seiner letzten Fernsehansprache richtete sich der Präsidenten hauptsächlich mit Bitten an die Bevölkerung, sie möge sich geduldig an die Einschränkungen halten und die Regierung, so Giamattei wörtlich, „ihren Job machen lassen“.
Für mehr Informationen zu den aktuellen Maßnahmen und Einschränkungen, siehe hier und zur aktuellen Situation im Land, hier (Informationen auf Spanisch).